Projekte des Programmjahres 2024/2025
-
Hast du schon gegessen?
Vietnamesische Restaurants sind in deutschen Großstädten weit verbreitet, bieten aber oft nur eine begrenzte Auswahl an Gerichten, die dem deutschen Klischee von „asiatischem Essen“ entsprechen. Dadurch wird die tatsächliche Vielfalt der vietnamesischen Küche und das kulturelle Wissen darum unsichtbar. Das Projekt ,,Hast du schon gegessen?” zielt darauf ab, vietnamesische Esskultur in der Diaspora im Kontext von Kolonial- und Migrationsgeschichte sichtbar zu machen und bestehende Narrative zu dekonstruieren. In einer Reihe von Workshops soll eine kollektive Tischdecke entstehen, die persönliche Geschichten und Rezepte dokumentiert, um durch die Sammlung und den Austausch individueller Erfahrungen innerhalb der Diaspora eine selbstbestimmte Esskultur zu fördern. Langfristig sollen die Ergebnisse auf einer Website veröffentlicht werden, die als fortlaufende Sammlung von Wissen und Erfahrungen aus der Community dient und verschiedene Formate wie Text, Audio und Video umfasst.
-
Fragmente des Alter(n)s in der Migrationsgesellschaft
Das Projekt „Fragmente des Alter(n)s in der Migrationsgesellschaft“ beschäftigt sich mit den gesellschaftlichen, ökonomischen und individuellen Bedingungen für ein würdevolles Altern von migrierten und migrantisierten Menschen in Deutschland. Im Mittelpunkt stehen dabei die gelebten Erfahrungen und Selbsterzählungen von Menschen mit Migrationsgeschichte, insbesondere solchen, die von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind. Anhand von (Arbeits)Biografien migrantisierter Rentner*innen und solchen, die es bald sein werden, soll untersucht werden, welcher institutionelle Rahmen für sie vorgesehen ist, und welcher Imaginationen es noch bedarf. Es geht nicht nur um Verwundbarkeit, sondern auch um Stärke und Resilienz: Wie erzählen sie ihre Biografie in Deutschland, welche Rolle spielt(e) die Migration und welche gegenwärtigen Themen beschäftigen sie? Dieses geteilte Wissen soll über eine Website zugänglich gemacht werden und als Schnittstelle für den intergenerationellen Austausch dienen.
-
Clocking In, Dreaming On
Clocking In, Dreaming On ist ein Projekt, das sich in verschiedenen Formaten mit den Lebensrealitäten und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen von migrantischen Einkaufs- und Essenslieferant*innen in Deutschland auseinandersetzt. Mit einem Fokus auf Fahrer*innen und Lieferant*innen speziell in Berlin, soll die prekäre Natur ihrer Beschäftigung und die systemischen Probleme, die zu ihrer Marginalisierung führen, aber weitgehend unerforscht sind, beleuchtet werden. Durch eine Kombination aus Podcasts, Videos, Ausstellungen und Online-Engagement soll Wissen in verschiedenen zugänglichen Formaten und unter freien Lizenzen verbreitet werden. Dieser Ansatz zielt nicht nur darauf ab, Beweise und Erkenntnisse zu diesem Thema zu dokumentieren und zu bewahren, sondern auch zivilgesellschaftliche Organisationen, Aktivisten und Gewerkschaften zu ermutigen, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und sich dafür einzusetzen.
-
Hold the Line: Filipino Family stories of resistance generations apart
Hold the Line: Filipino Family stories of resistance generations apart versteht sich als Aufruf an die philippinische Diaspora in Deutschland, die mit Ausbeutung und Diskriminierung in Verbindung mit kolonialer Mentalität konfrontiert ist, aus ihrer Geschichte und ihrem Erbe Kraft zu schöpfen und die Träume ihrer Vorfahren zu verkörpern. Das Projekt wird sich mit der intergenerationellen Geschichte des philippinischen Widerstands auseinandersetzen und möchte damit auch thematisieren, was dies für junge Aktivist*innen in der heutigen Zeit bedeutet. Dies geschieht durch die Dokumentation von Familienerinnerungen der Geförderten während der People’s Power Revolution auf den Philippinen, deren Gegenüberstellung mit Geschichten von jungen philippinischen Aktivist*innen in Deutschland und der Erkundung von Berührungspunkten zwischen diesen Geschichten. Die Ergebnisse werden in Video-Essays präsentiert, die Filmmaterial mit Archivmaterialien und Audioaufnahmen von Familiengeschichten kombinieren und durch einen dekolonialen Ansatz die gelebten Erfahrungen mit historischen Fakten verweben.
-
The Seen but Unseen: Video Essays
Visuelle Bilder sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Entwicklung und unseres Selbstverständnisses. Für Schwarze Menschen spielt die Fotografie eine besonders kraftvolle Rolle: Sie prägt die Art und Weise, wie sie wahrgenommen werden und beeinflusst Bilder in der Gesellschaft. Historisch gesehen haben Fotografien Stereotypen geschaffen, die oft nicht ausreichend hinterfragt wurden. In einer Welt, in der wir durch soziale Medien und unser Konsumverhalten ständig von Bildern umgeben sind, ist es wichtiger denn je, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Bei The Seen but Unseen soll eine dreiteilige Video-Essay-Reihe einen Zugang und intensive Auseinandersetzung mit dem Thema ermöglichen. Jeder Essay beleuchtet ein zentrales Thema der Fotografie: den kolonialen Blick und seinen anhaltenden Einfluss, die (Re)Imagination einer neuen Schwarzen Bildsprache sowie die Rolle der Fotografie als Werkzeug für Empowerment und Widerstand. Ziel der Reihe ist es, diese Themen tiefgehend und sensibel zu untersuchen und ein Bewusstsein für die Auswirkungen von Bildern auf unsere Wahrnehmung und unser Leben zu schaffen.
-
Romani Gedächtnis an Samudaripen
Das Projekt macht es sich zur Aufgabe, transgenerationale und plurale Erinnerungswege von Rom*nja und Sinti*zze an Samudaripen zu eröffnen: Durch Besuche von Orten der Verfolgung und Vernichtung von Rom*nja und Sinti*zze im Nationalsozialismus in Serbien und Jasenovac, sollen die Lebens-, Leidens- und Todeswege von Vorfahren der in Deutschland lebenden Rom*nja recherchiert und biografisch durch communitybasiertem Wissen und Erinnerungen vor Ort, aufgearbeitet werden. Dazu werden in Serbien Videointerviews mit Vertreter*innen von Rom*nja-Selbstorganisationen, der zweiten Generation der Überlebenden und den heutigen Nachkommen geführt und in einem digitalen Workshop zum Wissenstransfer mit Rom*nja und Sinti*zze-Aktivist*innen unter der Fragestellung „Wie plurales Gedächtnis an den Samudaripen präsentieren?” diskutiert werden. Teile des erarbeiteten Wissens und der Erinnerung an Samudaripen werden unter freien Lizenzen als Beitrag auf der Website des Roma Antidiscrimination Network veröffentlicht.
-
Palästinensisches Feministisches Archiv
Palästinensische Geschichte und Gegenwart sind in Deutschland weitgehend unsichtbar, obwohl in Berlin die größte Diasporagemeinschaft Europas lebt. Das Wissen, das über Palästinenser*innen zirkuliert, ist geprägt von kolonial aufgeladenen Begriffen, Bildern, Gesetzen, Normen und Straßennamen. Diese diskursive Gewalt überschreibt nicht nur ihre Geschichte, kollektive Gewalterfahrungen, Widerstände und Solidaritäten, sondern entwertet und kriminalisiert auch palästinensische Existenz. In diesem Projekt wird ein feministisches palästinensisches Kollektiv, das sich zur Archivierung palästinensischer Geschichte in Deutschland zusammengefunden hat, seine Arbeit fortsetzen und im Rahmen von re·shape einen Leitfaden zur Archivarbeit unter freier Lizenz veröffentlichen. In einer Reihe von Workshops sollen wichtige Arbeitsweisen, Methoden und ethische Aspekte der Interviewführung, aber auch der Veröffentlichung von Interviews, Texten und Videomaterial erarbeitet und festgehalten werden. Auf diese Weise soll gezeigt werden, wie eine Archivierungspraxis für die Geschichte einer marginalisierten Community angesichts von staatlicher Repression aussehen kann.
-
Punch Up TV
Mit Punch Up TV wird der seit 2018 von Newroz Çelik herausgegebene multimediale Podcast Punch Up fortgeführt und weiterentwickelt. Während sich der Podcast auf Themen wie Transfeindlichkeit, Gentrifizierung, Polizeigewalt oder soziale Bewegungen konzentriert, sollen im Rahmen von re·shape mit mehr technischen und redaktionellen Ressourcen neue Inhalte erarbeitet, die audiovisuelle Qualität verbessert und neue Zielgruppen für marginalisiertes Wissen erreicht werden. Insbesondere soll die Sichtbarkeit von BiPoC Transmenschen erhöht und ihre Analysen in den Mittelpunkt gerückt werden. Über einen Zeitraum von einem Jahr sollen monatlich ein Audio-Interview und ein Video veröffentlicht werden, wobei die Interviews mit Aktivist*innen geführt und ihre Arbeit sowie ein (aktuelles) politisches Thema beleuchtet werden. Hierbei wird auch das Ziel verfolgt, verschiedene soziale Bewegungen unter der Fragestellung ,,Was sind die Bedingungen für funktionierende Allianzen?” zusammenzuführen.
-
Archiving the testimonies of survivors of the Mediterranean
In den letzten zehn Jahren sind laut dem Missing Migrants Project seit 2014 28.893 Migrant*innen im Mittelmeer verschwunden. Bei diesen Migrant*innen handelt es sich vor allem um Afrikaner*innen aus Ländern südlich der Sahara, die verschiedenste Lebensrealitäten haben. Während in den Medien nur über das Verschwinden dieser Menschen im Mittelmeer berichtet wird, bleibt die Berichterstattung über ihr Überleben und wie sie Europa und damit auch Deutschland erreichen, meist aus. Ziel des Projektes ist es, die Berichte ihrer herausfordernden Reisen, ihre alltäglichen Erfahrungen mit der Bürokratie und der Rassifizierung in Deutschland zu archivieren, aber auch ihre Widerstandskraft zu dokumentieren. Das Hauptziel des Projekts ist es, die Stimmen der Überlebenden aus Subsahara-Afrika im Mittelmeer sichtbar zu machen, da in den Medien immer nur über die Verschwundenen berichtet wird und die Überlebenden unsichtbar bleiben.
-
Gemeinsam für unsere Zukunft! Jugend gegen Rassismus und Krieg
Das Projekt Für die Jugend! Für unsere Zukunft! Jugend gegen Rassismus und Krieg! hat zum Ziel, Jugendliche zu befähigen, ihre soziale Realität und ihr Umfeld durch Fotografie und Videodokumentation einzufangen und zu reflektieren. Dazu finden im Vorfeld Workshops statt, die die Jugendlichen in den Bereichen Fotografie, Videografie, Storytelling und Dokumentation schulen sowie Veranstaltungen, die bestehendes politisches Jugendengagement zu Themen wie Antirassismus und Antimilitarismus aufzeigen und vermitteln. Anschließend werden die erlernten Fähigkeiten in die Praxis umgesetzt: Die Jugendlichen dokumentieren die Veranstaltungen, Workshops und das Zusammenleben durch Fotos und Videos. Das Projekt soll zeigen, wie Jugendliche lernen solidarisch statt in Konkurrenz und Abspaltung voneinander zu leben und dass Jugendliche in der Lage sind, ihre Welt kritisch und kreativ zu reflektieren und zu dokumentieren.
Projekte des Programmjahres 2023/2024
-
Antikolonialer Raum Köln
Muriel Gonzales Athenas / Amdrita Jakupi
Viele, insbesondere queere, BIPoC haben im gegenwärtigen städtischen Umfeld Kölns nur begrenzt oder keinen Zugang zu Räumen, um dekoloniale und antirassistische Gesellschaftsperspektiven zu entwickeln. Das Projekt ist Teil eines antirassistischen Stadtteilprojekts in der Kölner Südstadt. Muriel Gonzales Athenas und Amdrita Jakupi wollen einen physischen dekolonialen Raum für ein Netzwerk aus BIPoC schaffen, die in unterschiedlichen antirassistischen, sozialen und politischen Gruppen aktiv sind. Dieser Antikoloniale Raum in Köln soll als eine neue und dringend notwendige Begegnungsplattform dienen. Im Zentrum steht das Wohlbefinden der Beteiligten im Bündnis, wobei toxische Leistungsdruck-Muster des deutschen Aktivismus durch eine aktive Praxis, die dem entgegensteht, als auch durch einen Austausch und Gesprächsräume und eine gemeinsame Analyse „unterbrochen“ bzw. transformiert werden sollen.
Das Projekt strebt danach, Methoden der transformativen Gerechtigkeit in der Community auszuprobieren, zu lernen und zu verbreiten. Der physische Raum soll den kontinuierlichen Erfahrungsaustausch zwischen den Menschen, die dort zusammenkommen, ermöglichen. Der Raum soll ein Ort der Zuflucht, der Sicherheit und des Zusammenkommens sein und damit den Aktiven ermöglichen, sich zu erholen und zu regenerieren. Eine generationenübergreifende Teilnahme wird angestrebt, unabhängig von Herkunft, sexueller Orientierung, Bildungshintergrund und anderen soziodemografischen Merkmalen.
-
Audiofeature James Baldwin
Christopher Nixon
www.christopher-nixon.de
James Baldwin zählt zu den bedeutendsten afroamerikanischen Schriftsteller*innen. Die Neuübersetzung seiner Werke bei dtv findet derzeit bei einem breiten Publikum in Deutschland großen Zuspruch. Diese ‚Baldwin-Renaissance‘ beteiligt Schwarze Schriftsteller*innen, Übersetzer*innen und Communitys nicht, obwohl seine Romane, Essays und Gedichte lange schon zu deren individueller wie kollektiver Identitätsfindung in ihrem Alltag von Ausgrenzungs- und Rassismuserfahrungen beitrugen.
Gerade für Queers of Color boten seine Werke den Blick in eine Welt, in der ihre Erfahrungen Sprache und Form bekamen und Hoffnung auf „Ein anderes Land“ machten. Seine Werke sorgten für die Sichtbarkeit einer intersektionalen Vielstimmigkeit von Schwarzen Lebensweisen, die auch die Communitys of Color und Baldwins Weggefährt*innen nicht immer anerkennen wollten. Während die globalen Märkte weiterhin für den Profit des Globalen Nordens Menschen verdingen, erleben wir in der Post-Trump-Ära und in dem vom Rechtspopulismus hierzulande bestimmten politischen Klima einen Backlash. Er richtet sich vor allem gegen Queers of Color und macht das Hören der mahnenden wie hoffnungsvollen Stimme Baldwins erneut wichtig.
Es soll deshalb ein Audiofeature entstehen, das die intersektionale ‚Schwarze Queerness‘ in Baldwins Werk herausarbeitet und neu bewertet. Dabei wird ebenfalls deutlich, dass queere Schwarze Menschen wie James Baldwin, Audre Lorde und Katharina Oguntoye sowohl die US-amerikanische als auch afrodeutsche Antirassismusbewegung prägten. Das Audiofeature enthält Interviews mit Expert*innen und Aktivist*innen, Archivmaterial, von Schauspieler*innen eingesprochene Passagen aus Romanen und Gedichten, Sounds und Musikstücke. Diese ‚Fragmente‘ werden zu einem Collage-Stück zusammengefügt.
-
Mondkuchen
Tú Qùynh Nhu Nguyễn / Sara Djahim
Das Projekt möchte die Vielfalt and Widerstandspraxen und -strategien der ersten Generation von Migrant:innen und Geflüchteten abbilden. Im Mittelpunkt steht dabei der Gedanke, dass nicht nur transgenerationale Traumata, sondern auch Resilienz, Wissen/Weisheit, Lebenswille und Freude überliefert werden. Auf dem Blog Mondkuchen soll dieses bisher unsichtbar gemachte Wissen über Überlebensstrategien und alltägliche Praktiken des Widerstands gesammelt werden. Mondkuchen wird verschiedene Formate umfassen, einschließlich schriftlicher Beiträge wie Essays, Interviews und Lyrik, aber auch Videos, Fotos und Illustrationen.
Das Projekt beginnt im Rahmen von re•shape mit dem Launch der Webseite, die jedoch langfristig als offene Plattform genutzt werden soll. Diese soll letztendlich zu einem Ort werden, wo Wissen, Emotionen und Erfahrungen geteilt werden können: Sie soll einerseits den Communitys dienen, um gemeinsame Themen und unterschiedliche Praktiken besprechbar zu machen, und andererseits die Wertschätzung und Achtung zum Ausdruck bringen, die diesen Wissensbeständen und denjenigen, die vor uns kamen, zusteht.
>>> Der Blog Mondkuchen ist hier zu finden.
-
Care & Support-Systeme in Zeiten von Krisen
Xinan Pandan
Menschen, die von Rassismus und/oder Migrationserfahrungen, Be_hinderung, chronischen Erkrankungen, Queerfeindlichkeit, Traumata oder abusiven Herkunftsfamilien betroffen sind, haben oftmals einen stärkeren Bedarf nach Unterstützung, die ihnen aber kaum zugänglich ist. Das Projekt entwickelt ein kostenfrei herunterladbares Arbeitsbuch in Form eines illustrierten Zines zum Thema Support-Systeme für marginalisierte Communitys.
Das Arbeitsbuch soll als Ressource für Input sowie Methoden dienen, um den Aufbau von Support-Systemen zu unterstützen. Es richtet sich primär an Menschen, die nicht an Workshops teilnehmen möchten oder können. Das Arbeitsbuch wird eine Kombination aus Beiträgen, Anekdoten, Illustrationen, Beispielen, Reflexionsmethoden und Schreibaufgaben enthalten.
Im Fokus steht einerseits die Ermächtigung, individuelle Veränderungen im Handlungsspielraum anzugehen und andererseits die strukturelle Diskriminierung. Es werden umfassendere politische Lösungen gefordert, um die Lebenssituation für alle zu verbessern.
Das Ziel ist es, Empowerment zu fördern, Handlungsfähigkeit zu stärken, Community-Verbindungen zu vertiefen und marginalisierten Menschen zu ermöglichen, ein gutes Leben zu führen.
-
Forschungsethik: Philosophie mit ethnografischer Sensibilität
Mino
Die Ethnografie hat im Bereich der Philosophie und in der Wissenschaft im Allgemeinen Aufmerksamkeit gewonnen. Sie gilt als attraktive Alternative gegenüber abstrakten Theorien oder veralteter Literatur, welche auf problematischen Annahmen über marginalisierten Gemeinschaften beruhen. Die Geschichte und das Erbe von Ethnografie als eine Methode, die sich aus dem europäischen Kolonialismus entwickelt hat, wird jedoch oft nicht thematisiert. Sie diente dazu, hierarchische Vorstellungen von Rasse und Kultur zu konstruieren und zu verstärken. Das Projekt zielt darauf ab, Abschnitte einer Masterarbeit zu veröffentlichen, die eine kritische Untersuchung der Ethnographie als Forschungsmethode fordert. Das Ziel ist es, ethische Leitlinien für Wissenschaftler*innen zu entwickeln, die mit marginalisierten Gruppen in Kontakt treten. Das Projekt betont die Notwendigkeit, die Disziplin der Philosophie auf ihre Rolle bei der Gestaltung von Konzepten wie Race zu überprüfen, die historisch gesehen für kolonialistische und rassistische Rechtfertigungen konstruiert wurden.
Das Projekt soll dazu dienen, komplexe akademische Sprache in verständlichere Begriffe umzuwandeln, um den Inhalt einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Obwohl der Hauptfokus auf Wissenschaftler*innen und deren Interaktionen mit marginalisierten Gruppen liegt, können die Erkenntnisse des Projekts auch Journalist*innen, Künstler*innen, Filmemacher*innen und anderen von Nutzen sein, die sich auf kritische und respektvolle Weise mit marginalisierten Gruppen auseinandersetzen möchten. Hierbei sollen sie auf Machtungleichheiten und auf die Möglichkeit der Ausbeutung von marginalisierten Gruppen achten.
-
Mujeres migrantes invisibles [unsichtbare migrantische Frauen]
Antonia Ramos Posto, Yolanda Justina Nina Becerra & Llanquiray Painemal Morales
Antonia Ramos Posto, Yolanda Justina, Nina Becerra und Llanquiray Painemal Morales haben bisher ohne Unterstützung am Thema der Sichtbarmachung von Migrantinnen ohne legalen Aufenthaltsstatus in Berlin, den sogenannten undokumentierten/illegalisierten oder irregulären Migrantinnen gearbeitet. Im Rahmen des Projekts haben sie Podcasts erstellen, die die Situation der genannten Gruppen thematisieren. Die Gruppe hatte so die Möglichkeit, neue Werkzeuge zu erlernen und technische Fertigkeiten anzueignen, die ihre zukünftige politische Arbeit unterstützen. Die gesammelten Interviews, Informationen und Audiodateien wurden von den Aktivistinnen zu Podcast-Episoden zusammengestellt und auf Plattformen wie Spotify, Apple Podcasts oder ähnlichen Kanälen veröffentlicht.
>>> Die erste Folge des Podcast findet sich hier
-
Social Media und Freie Lizenzen
KARAKAYA TALKS
KARAKAYA TALKS (www.instagram.com/karakayatalks) ist ein Medienunternehmen, das News und Talkshows für deutschsprachige Millennials und Gen Zs of Color produziert. Ihr Ziel ist es, marginalisierte Perspektiven in Deutschland sichtbar zu machen, da diese in den Medien oft vernachlässigt werden. Obwohl 27 % der deutschen Bevölkerung BIPoC sind, werden diese Communitys in den Medien kaum repräsentiert und wenn doch, dann oft in stereotypen Zusammenhängen. Das Team von KARAKAYA TALKS besteht zu 100 % aus mehrfach marginalisierten BIPoCs und nutzt hauptsächlich Social-Media-Plattformen wie Instagram, TikTok und YouTube, um Inhalte zu verbreiten.
Mit der Teilnahme an re•shape möchten sie zum einen ihre Präsenz auf Social Media verstärken und weiterhin Inhalte produzieren, die in der Mainstream-Medienlandschaft oft ignoriert werden. Zum anderen möchten sie verstehen, wie Wikipedia-Artikel entstehen, um möglicherweise ihr journalistisch erarbeitetes Wissen zu dokumentieren und ihre Arbeit selbstbestimmt auf Wikipedia zu beschreiben. Das Programm soll dazu dienen, fehlendes Wissen über „Mediengerechtigkeit“ zu dokumentieren und verzerrte Darstellungen im Netz über Menschen aus marginialisierten Communitys z. B. auf Wikipedia zu korrigieren. Die gesamte Initiative zielt darauf ab, die Präsenz und Repräsentation von BIPoC-Communitys in den Medien zu stärken und deren Wissen eigenständig zu dokumentieren und unter freier Lizenz zu verbreiten.
-
T*R*A*P*$ Academy
Lee Modupeh Anansi Freeman / Farah Abdullahi Abdi
Das TRAP$ Academy-Projekt widmet sich der Formalisierung und Weitergabe von Wissen innerhalb der Black Trans/GNC (Gender Non-Conforming) Community. Gegründet im Jahr 2021, ist TRAP$ eine Graswurzel-Organisation, die von Schwarzen/afro-diasporischen trans* und gender-varianten Personen ins Leben gerufen wurde. Diese Community erfährt oft Marginalisierung innerhalb breiterer Schwarzer Bewegungen und Unsichtbarkeit innerhalb (weißer) queerer Bewegungen. Das Hauptziel der Akademie ist es, eine intersektionale und kritische „Train-the-Trainer“-Ausbildung anzubieten, um Schwarze trans* Personen zu stärken und Aspekte von Geschlecht, race, Klasse, Macht und Privilegien anzusprechen.
Der Lehrplan wurde von Farah Abdullahi Abdi und Lee Modupeh Anansi Freeman erstellt, die beide Berater*innen für Vielfalt und Inklusion sind. Der Lehrplan behandelt wichtige Themen wie Asyl/Migration, (Trans-)Misogynoir, Transphobie, Colorism und Ableismus. Das Programm umfasst immersive Workshops, die tief in spezifische Themen eintauchen, sowie Aufgaben, die von den Teilnehmenden individuell oder in Gruppen bearbeitet werden. Ziel ist es, „formalisiertes“ Wissen in einer sichereren und zugänglichen Umgebung zu vermitteln.
Die Teilnehmenden werden mit Werkzeugen ausgestattet, um formales Wissen mit ihren eigenen Lebenserfahrungen zu verknüpfen und bedeutsame Inhalte zu erstellen, die für persönliche Workshops genutzt werden können. Das übergreifende Ziel besteht darin, die gelebten Erfahrungen der Teilnehmenden als wertvolle Wissensquellen zu validieren. Langfristig strebt die Akademie an, die Teilnehmenden mit Fähigkeiten auszustatten, die ihnen eine zusätzliche Einkommensquelle bieten können. Da Schwarze trans* Personen oft Diskriminierung und Schwierigkeiten beim Zugang zu Wissen und traditionellen Arbeitsräumen erfahren, betont das Projekt den direkten Zusammenhang zwischen Wissensgerechtigkeit und finanziellem Empowerment.
-
Von Träumen und Traumata zu Selbstorganisation und Widerstand.
Lea Sherin Kübler / Lorena Richter / Rahul Rahman
Das Projekt “Von Träumen und Traumata zu Selbstorganisation und Widerstand” zielt darauf ab, in BIPoC-Communitys situiertes Wissen zu fördern, indem es generationsübergreifende Gespräche über Selbstorganisation, Widerstand, politische Praxen, Träume und Traumata ermöglicht. Der Fokus liegt auf der Übersetzung vergangener Erfahrungen in die Gegenwart und dem Lernen von den Kämpfen älterer Generationen. Die Initiative begegnet Herausforderungen in der Weitergabe von Erfahrungen und Praxen in persönlichen Kontexten, indem sie Räume für Austausch schafft, die oftmals wenig gegeben sind. Das Projekt will hegemoniale Machtstrukturen der Wissensproduktion durch alternative Erzählungen von (post-)migrantischem Leben in Deutschland kritisch hinterfragen. Es zielt darauf ab, einen praktischen Beitrag zur Wissensweitergabe in BIPoC-Communitys zu leisten. Der Wissensaustausch, sowohl individuell als auch kollektiv, soll Momente der Selbstermächtigung schaffen und das Bewusstsein für Wissen in den Gemeinschaften stärken.
Die Gespräche wurden in kleinen Gruppen gemeinsam mit den Projektkoordinator*innen aufgezeichnet und nach Rücksprache und Einverständnis der Teilnehmenden in einer offenen Datenbank archiviert, um das Wissen für alle zugänglich zu machen. Das Ziel ist es, gemeinsam geteilte Erfahrungen und unterschiedliche Perspektiven in BIPoC-Communitys aufzudecken und einen Raum für solidarisches Lernen und den Austausch über Wissenskonstruktionen zu schaffen.
>>> Die im Rahmen des Projektes entstandene Publikation in Form eines Zines kann hier heruntergeladen werden.
-
Wūpó Collective Library
Mandy Lan / Kim Gerlach
Wūpó Collective ist eine Bibliothek zur Förderung der Sichtbarkeit von BIPoC-Heiler*innen in Berlin. Mit bereits über 50 registrierten Praktiker*innen (von Akupunktur bis Reiki und mehr) haben Mandy Lan und Kim Gerlach das Ziel, die Bibliothek zu erweitern und gemeinschaftlich empowernde Werkzeuge aus der Community für die Community bereitzustellen. Besonderer Fokus liegt dabei darauf, Körperweisheit neben kognitiver Intelligenz besonders zu würdigen. Das Projekt beabsichtigt, eng mit verschiedenen QBIPoC-Praktiker*innen aus ihrem Verzeichnis zusammenzuarbeiten, um Erkenntnisse zu teilen, die Menschen wieder mit ihren Körpern verbinden. Anstatt kurzfristige Retreats oder Veranstaltungen anzubieten, zielt das Projekt darauf ab, Integrationswerkzeuge zu teilen, die lang anhaltende Auswirkungen haben.
Die Aktivitäten des Projekts umfassten:
- Die Entwicklung eines kostenfreien Repositoriums, genannt „Wiki des Körperwissens für QBIPoC“. Dieses wird kurze zweiminütige Übungen im Videoformat enthalten.
- Das Teilen von „Behind the scenes“-Videos, die die Absichten und Praktiken jeder Heiler*in vorstellen und ein tieferes Verständnis ihrer Methoden vermitteln.
- Die Einrichtung von Feedbackschleifen, um Praktiker*innen zu ermöglichen, sich an die Bedürfnisse der Gemeinschaft anzupassen und zu wachsen, unter Verwendung von KI-Mustererkennung.