03.03.2020
Öffentliches Geld – Öffentliches Gut!: Neue Kampagne für mehr Nutzungsfreiheit bei öffentlich-rechtlichen Bildungsinhalten
Dokumentationen, Grafiken, Interviews und O-Töne aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk können den Unterricht in deutschen Klassenzimmern bereichern. Oft ist es nutzungs- oder urheberrechtlich aber gar nicht möglich, die Inhalte herunterzuladen, anzupassen oder in den eigenen Unterricht aufzunehmen. Das fängt schon mit der Mediathek selbst an: Eigentlich dürfen Inhalte daraus nur „zu Privatzwecken“ gestreamt werden. Herunterladen? Nur in Einzelfällen wie bei „Terra X“ und „Planet Schule“ gestattet. Im Unterricht zeigen? In den meisten Bundesländern gilt Unterricht spätestens ab der Mittelstufe oder sobald er auch in klassenübergreifenden Kursen stattfindet als „öffentlich“. Auch zu Bildungszwecken darf hier eigentlich nichts ohne ausdrückliche Genehmigung gezeigt werden, Ausnahmen sind im „Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz“ (UrhWissG) geregelt. Geschützte Sendungen vollständig zu zeigen ist danach aber nicht zulässig, bearbeiten oder kürzen darf man die Inhalte gemäß den Nutzungsbedingungen auch nicht.
Bereits im Dezember hatte ein Bündnis aus GEW, dem Deutschen Bibliotheksverband und Wikimedia Deutschland den ZDF-Fernsehrat in einem offenen Brief zu einer den Bedingungen modernen Lernens entsprechenden Digitalstrategie aufgerufen. Erste Pilotprojekte mit frei-lizenzierten Clips der Sendung „Terra X“ unterstrichen zuletzt das öffentliche Interesse an plattformübergreifenden Zugriffsmöglichkeiten. So wurden Ausschnitte zum Thema Klimawandel seit Einbindung in Wikipedia im Durchschnitt täglich mehr als 7.000 Mal angesehen.
Die Kampagne soll nun eine breitere Debatte über Auftrag und Praxis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anstoßen. Die beteiligten Organisationen werben insbesondere für den Mehrwert freier Lizenzen: Diese ermöglichten auf Basis gut recherchierter Inhalte Unterrichtsmaterial frei zu erstellen, zu tauschen und zu erweitern. Das reduziert Rechtsunsicherheit und Kosten in deutschen Klassenzimmern. Hier sollte gelten: Öffentliches Geld – öffentliches Gut!
Prof. Dr. Andreas Degkwitz, Bundesvorsitzender des dbv:
„Der Informations- und Bildungsauftrag von öffentlichen Bibliotheken umfasst analoge und digitale Bildungsinhalte,“ so Prof. Dr. Andreas Degkwitz, Bundesvorsitzender des Deutschen Bibliotheksverbandes e.V. „Dabei gehen Bibliotheken und ihre Nutzer*innen selbstverständlich davon aus, dass diese Inhalte dauerhaft zur Verfügung stehen und so nachhaltig genutzt werden können.“
Abraham Taherivand, geschäftsführender Vorstand von Wikimedia Deutschland:
„Für die Freiwilligen, die Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia aktuell halten, wie für die täglich neun Millionen Nutzerinnen und Nutzer wäre die Verfügbarkeit von Bildungsinhalten ohne Verfallsdatum von enormem Vorteil.“
Dominik Theis, Koordinator Bündnis Freie Bildung:
„Produktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müssen als freie Bildungsmaterialien (OER) in allen Bildungskontexten zur Verfügung stehen,“ sagt Dominik Theis, Koordinator des Bündnis Freie Bildung. „OER fördern partizipative Bildungsprozesse, ermöglichen die gesellschaftliche Teilhabe aller und stehen somit im Einklang mit dem Auftrag, freie Meinungs- und Urteilsbildung im Hinblick auf wichtige gesellschaftliche Themen zu ermöglichen.“