01.06.2023
Digital unvernetzte Infrastruktur – Bund und Länder scheitern gemeinsam
Es vergeht kaum noch ein Tag, ohne dass der ohnehin schon breite Graben zwischen Bund und Ländern in Sachen Bildungspolitik größer wird. Nach dem Bildungsgipfel am 15. März 2023, dem sich ein Großteil der Kultusminister*innen der Länder aus Protest entzogen hat, dem immer noch schwelenden Streit um die finanzielle Ausgestaltung des Startchancenprogramms kommt die nächste Meldung: Die Länder werden sich nicht an der Nationalen Bildungsplattform des Bundes beteiligen, sondern auf eigene Vernetzungsprojekte setzen.
Das Aus für die Bildungsreise? Die geplante Nationale Bildungsplattform (NBP) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wird nach Meldung des Tagesspiegel Background vom 1. Juni 2023 wohl ohne die Einbettung landeseigener Lern- und Bildungsplattformen auskommen müssen. Der Bundesrechnungshof hatte bereits in seinem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages das Vorhaben aufgrund mangelnder Prüfung der Wirtschaftlichkeit, fehlender Absprachen mit den Ländern und potenzieller Überschneidungen mit dem DigitalPakt Schule (u.a. Projekt VIDIS) bereits im Januar 2022 kritisch kommentiert.
Auch Wikimedia zeigte in der Konzeptstudie “Werte und Strukturen der Nationalen Bildungsplattform”, veröffentlicht am 8. November 2022, verschiedene zentrale Herausforderungen des Vorhabens auf und forderte einen Neustart des Projekts oder wenigstens eine tiefgreifende Reform. Neben Kritikpunkten, die die technische Ausgestaltung der Plattform betreffen, kritisierte Wikimedia mehrfach die fehlenden Beteiligungsstrukturen und die bis heute ungeklärte Governancestruktur.
Heike Gleibs, Leiterin des Teams Bildung, Wissenschaft, Kultur bei Wikimedia Deutschland: „Uns ist egal, wer es nicht hinkriegt. Wir sind das Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern Leid. Digitale Bildung kann nur gemeinsam funktionieren. Es gibt über eine halbe Milliarde Euro und Bund und Länder sind nicht in der Lage sich zu einigen, wie das Geld zum Wohle der Schülerinnen und Schüler in diesem Land verausgabt wird.“
Es entsteht zunehmend der Eindruck, dass es kaum funktionierende Abstimmungen zwischen BMBF und KMK (mehr) gibt. Jetzt ist es umso wichtiger, sich an einen Tisch zu setzen, die jeweiligen Ziele zu klären und einen partizipativen Prozess zu starten, der dazu führt, gemeinsame Lösungen zu finden. Wikimedia fordert einen Runden Tisch von Bund und Ländern unter Beteiligung der Zivilgesellschaft zur digitalen Bildung.
Kontakt für Rückfragen:
Heike Gleibs
Leiterin Bildung, Wissenschaft und Kultur
heike.gleibs@wikimedia.de
030 / 577 116 223 8
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