Offenheit
Matthias Kunkel
Entscheidung für eine wirtschaftsfreundliche statt gemeinwohlorientierte Lizenz
Warum fiel die Entscheidung auf eine MIT Lizenz? Das Open Source Lernmanagementsystem ILIAS ist z.B. mit der Lizenz GPL-3 (GNU, 2007) lizenziert. Alle Produkte, die auf einem mit GPL-3 lizenzierten Quellcode aufbauen, müssen unter derselben Lizenz veröffentlicht werden. Die MIT-Lizenz ist weniger restriktiv, was die Weiterveröffentlichung betrifft. Das macht sie besonders für kommerzielle Unternehmen interessant. In Hinblick auf den Grundsatz „public money, public code“ hätte man auf eine Lizenz setzen sollen, bei der alle weiterentwickelten Softwareprodukte im Gemeinwesen bleiben.
Die Ergebnisse, Produkte oder Erkenntnisse des Vorhabens müssen frei verfügbar sein. Zum Beispiel soll Software frei nachnutzbar sein und bei Diensten soll die Interoperabilität – also die technische Anknüpfungsfähigkeit für andere Dienste – gewährleistet werden.Matthias Kunkel
Kollektive Open Source-Entwicklungsprozesse sollten gefördert werden
Ein anderer Aspekt, der zur Idee von freier Software gehört, ist die Gestaltung kollektiver Open Source Entwicklungsprozesse. Sie stehen im Gegensatz zur einmaligen Veröffentlichung eines Produktes unter freier Lizenz, bei der keine gemeinschaftliche Weiterentwicklung mitgedacht oder ermöglicht wird – und entsprechend auch kein Aufbau einer eigenen Community. Wie sich dies bei Mein Bildungsraum entwickeln wird und welche Form der Software-Weiterentwicklung geplant ist, entzieht sich aktuell allerdings meiner Kenntnis.
Erste Softwaremodule sind veröffentlicht
Am 23.08.24 wurde die Softwarekomponenten von Mein Bildungsraum unter der Open-Source MIT-Lizenz auf der Plattform Open CoDE veröffentlicht: https://gitlab.opencode.de/mbr.
Abbildung: Screenshot der Open CoDE Webseite, auf der die Komponenten von Mein Bildungsraum veröffentlicht sind.
Eingesetzte Empfehlungsalgorithmene müssen transparent sein
Angedacht ist, Nutzenden von Mein Bildungsraum über Funktionen in der Komponente Datenraum Empfehlungen für weiterführende oder passende Lerninhalte zu geben. Es wäre allerdings spannend herauszufinden, auf welcher Basis die Empfehlungen für bestimmte Lerninhalte erfolgen. Kann man als Anbieter beeinflussen, wie häufig die eigenen Inhalte angezeigt werden?*
*Anmerkung der Redaktion: Aktuell werden die Komponenten Schaufenster und Datenraum nicht aktiv weiterentwickelt, auf die sich insbesondere der letzte Absatz bezieht. Daher bleibt abzuwarten, ob diese Komponenten zukünftig noch zur Marktreife gebracht und inwiefern die hier gemachten Anmerkungen berücksichtigt werden.
Die Nennung konkreter Schnittstellen ist Voraussetzung für Interoperabilität
In der Dokumentation von Mein Bildungsraum werden Authentifizierungsverfahren aufgeführt, aber keine konkreten Schnittstellen benannt. Davon ist allerdings abhängig, ob und wie sich Anbieter mit ihren Systemen an die Infrastruktur anschließen können.
Nicht kommerzielle Anbieter könnten ins Hintertreffen geraten
Die Anforderungen an externe Dienstleister sind extrem hoch, wenn sie sich Mein Bildungsraum anschließen möchten*. Inhalte sollen vorab auf ihre Aktualität, Korrektheit, Rechte Dritter, etc. geprüft werden. Dies ist insgesamt für OER-Portale nicht leistbar, weil es andere Prozesse, entsprechendes Personal und Expertise bräuchte. Dominieren letztlich also doch Schulbuchverlage und ähnliche Big Player im Bildungsraum? Hier empfiehlt es sich, auf Crowd-Wissen zu vertrauen und die Community Bewertungen vornehmen zu lassen. Digitale Mündigkeit bedeutet auch, sich selbst um Qualität zu kümmern.
*Anmerkung der Redaktion: Aktuell werden die Komponenten Schaufenster und Datenraum nicht aktiv weiterentwickelt, auf die sich insbesondere der letzte Absatz bezieht. Daher bleibt abzuwarten, ob diese Komponenten zukünftig noch zur Marktreife gebracht und inwiefern die hier gemachten Anmerkungen berücksichtigt werden.