Zugang
Dustin Matzel
Barrierefreiheit meint auch im Digitalen, allen Personen den gleichen Zugang zu ermöglichen, unabhängig von Beeinträchtigungen und ohne fremde Hilfe.Dustin Matzel
Öffentliche Institutionen sind auch im Digitalen zur Barrierefreiheit verpflichtet
Es gibt im Digitalen den verpflichtenden Standard BITV (Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz: Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0) sowie Äquivalente in den Landesgesetzen. Die Standards beziehen sich im Wesentlichen auf eine europäische Norm (EN 301 549), welche die konkreten Anforderungen definiert. Bisher gelten diese Regelungen nur für staatliche, öffentliche Institutionen. Mit dem European Accessibility Act (EAA) gelten ab Mitte 2025 diese Vorgaben allerdings auch für große Teile der Privatwirtschaft (z. B. Banken) und deren digitale Dienste.
Betroffenengruppen müssen in Konzeption und Entwicklungsprozess eingebunden werden
In die Konzeptionierung und den Entwicklungsprozess von Mein Bildungsraum wurden meines Wissens nach leider keine Betroffenengruppen eingebunden. Gerade wenn es um Bildung und den Zugang zu Bildungsinhalten geht, ist das aber sehr relevant.
Der Anteil an Menschen, die barrierefreie Inhalte in Bezug auf Sprache und Schrift benötigen, ist enorm
Zum Beispiel gibt es seit Kurzem die Tagesschau auch in einfacher Sprache – was unter anderem mit der LEO-Studie 2018 begründet wird. Der Studie zufolge haben etwa 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland zwischen 18 und 64 Jahren eine geringe Literalität und 10,6 Millionen, die fehlerhaftes Schreiben zeigen. Das bedeutet, dass fast 17 Millionen Erwachsene auf Vierte-Klasse-Niveau oder niedriger lesen und/oder schreiben. Das zeigt, wie groß der Anteil an Menschen ist, die barrierefreie Inhalte in Bezug auf Sprache und Schrift benötigen. Allerdings profitieren auch alle weiteren von barrierefreien Inhalten und nicht nur die Personen, die diese benötigen.
Wären Betroffenengruppen von Anfang an miteinbezogen worden, wäre so etwas nicht passiert.Dustin Matzel
Die Anbieter und ihre Inhalte müssen keine Barrierefreiheit gewährleisten
Ein größeres Problem besteht bei den Angeboten und Services, mit denen sich die Anbieter an die Infrastruktur Mein Bildungsraum anschließen sollen*. Barrierefreiheit wird zwar in den Angaben zu den Metadaten als Feld abgefragt, jedoch optional und die Angabe bezieht sich nur auf die Selbsteinschätzung der Anbieter. Das ist insofern problematisch, als es verschiedene Facetten von Barrierefreiheit gibt und viele Produkte, wenn überhaupt, nur ein paar dieser Facetten erfüllen. Wenn die Infrastruktur selbst barrierefrei ist, aber die weiterführenden Anbieter und deren Inhalte es nicht sind, bleiben potenzielle Nutzende ausgegrenzt. Das ist, als wäre die Google-Suche barrierefrei, aber alle Seiten, die man aufrufen möchte, nicht.
*Anmerkung der Redaktion: Aktuell werden die Komponenten Schaufenster und Datenraum nicht aktiv weiterentwickelt, auf die sich insbesondere der letzte Absatz bezieht. Daher bleibt abzuwarten, ob diese Komponenten zukünftig noch zur Marktreife gebracht und inwiefern die hier gemachten Anmerkungen berücksichtigt werden.