Elementar sind der Schutz der Privatsphäre und die Selbstbestimmung über eigene Daten

Bei einem Vorhaben wie Mein Bildungsraum müssen spezifische Aspekte wie zum Beispiel die Rollen und Rechte potentieller Nutzer*innen kritisch beleuchtet werden. Der Schutz der Privatsphäre und der Selbstbestimmung über die eigenen Daten ist dabei elementar. Gleichzeitig spielen Barrierefreiheit und soziale Teilhabe eine zentrale Rolle, um den Zugang und die Nutzung aller potentiellen Nutzer*innen sicherzustellen [siehe auch Anforderung Zugang].

Abbildung: Darstellung der fünf ursprünglich geplanten Komponenten von Mein Bildungsraum: Schaufenster, Digitale Identität, Digitale Nachweise, Ablage und Datenraum inkl. der Metadaten.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Komponenten Digitale Identität und Digitale Nachweise

Das Vorhaben Mein Bildungsraum besteht aus mehreren Komponenten. Für eine genauere Betrachtung der datenschutzrelevanten Perspektive sind insbesondere die Komponenten digitale Identität und digitale Nachweise relevant. Eine Bewertung des Vorhabens hinsichtlich der Wahrung von Betroffenenrechten und der Eindämmung von entsprechenden Risiken kann zum Zeitpunkt der Analyse nur generisch erfolgen.

Eine nachvollziehbare Implementierung von Verschlüsselung auf Speicher- und Transportebene ist nötig

Mein Bildungsraum muss sicherstellen, dass die höchsten Datenschutzstandards eingehalten werden, um die Privatsphäre der Nutzer*innen zu schützen. Das beinhaltet die Umsetzung technisch-organisatorischer Maßnahmen, wie zum Beispiel die Verschlüsselung auf Speicher- und Transportebene sowie die Umsetzung von gesetzlichen Löschfristen für personenbezogene Daten oder klare und transparente Richtlinien zur Datenverwendung für Nutzer*innen. Nur durch deren nachvollziehbare Implementierung kann gewährleistet werden, dass Mein Bildungsraum den Anforderungen der DSGVO entspricht und der Schutz der Privatsphäre der Nutzer*innen gesichert ist.

Eine unfreiwillige Sammlung von Nutzendendaten muss vermieden werden

Wenn die Verarbeitungszwecke von Nutzer*innendaten sowie deren Löschfristen nicht klar geregelt sind, besteht die Gefahr, dass diese Daten übermäßig lange gespeichert und für unklare Zwecke verwendet werden. Nutzer*innen könnten dadurch unfreiwillig in umfangreiche Datensammlungen eingebunden werden, die zur Profilbildung und Verhaltensanalyse genutzt werden. Neben technischen Maßnahmen sind transparente Richtlinien zur Verarbeitung von Nutzer*innendaten daher unerlässlich, um Nutzer*innenrechte zu schützen.

Hohe Sicherheitsstandards sind die Voraussetzung für digitale Identitäten

Die Nutzung digitaler Identitäten in Mein Bildungsraum kann erhebliche Datenschutzrisiken bergen, da es für potenzielle Angreifer*innen und Überwachungsinstitutionen leichter wird, einen Menschen eindeutig zu identifizieren. Zugleich gelangen staatlich beglaubigte, signierte personenbezogene Daten in den Umlauf und sind attraktive Ziele für Identitätsdiebstähle. Um solche Risiken zu minimieren, müssen Privacy-by-Design-Prinzipien strikt umgesetzt werden. Darunter zählt beispielsweise die Implementierung von Privacy-Enhancing Technologies (PETs) (wie pseudonyme Identifikatoren oder Zero-Knowledge-Proofs), um Tracking und Profiling zu verhindern. Zusätzlich kann eine hohe Transparenz hinsichtlich der getätigten Interaktionen, einschließlich der Identität aller beteiligten Parteien und der geteilten Informationen, Betroffenenrechte stärken.

Ein konsequenter Open-Source-Ansatz trägt dazu bei, Sicherheitslücken schneller zu finden

Nicht zuletzt aufgrund der negativen Erfahrungen mit digitalen Zeugnissen muss im Kontext der verschiedenen digitalen Nachweise, die in Mein Bildungsraum gespeichert und verwaltet werden sollen, ein besonderes Augenmerk auf den Schutz der Integrität gelegt werden. Dabei müssen vor allem seitens der Software und der Gesamtarchitektur bekannte Schwachstellen frühzeitig thematisiert werden. Dazu gehören beispielsweise strikte Authentifizierungsmechanismen (auch für APIs) sowie ein konsequenter Open-Source-Ansatz, der dazu beitragen kann, Sicherheitslücken schneller zu identifizieren und zu beheben, da eine breitere Gemeinschaft von Entwickler*innen und Sicherheitsforscher*innen Zugang zum Code hat.

Die Einbindung von Künstlicher Intelligenz ist bislang unklar

Sehr unklar und intransparent ist zu diesem Zeitpunkt auch der Einsatz von Algorithmen, algorithmenbasierten Entscheidungssystemen und KI im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Bildungsangeboten*. Sowohl die Herkunft und der Einsatz der hierfür zu nutzenden Metadaten als auch die Nutzung von Algorithmen, die entscheiden, welche Suchergebnisse welchen Nutzer*innen angezeigt werden, bleiben derzeit sehr unklar. So können Filtermechanismen darauf abzielen, Nutzer*innenpräferenzen zu berücksichtigen, die dazu führen, dass Nutzer*innen nur bestimmte Angebote angezeigt bekommen, während ihnen andere vorenthalten werden.

*Anmerkung der Redaktion: Dieser Aspekt wird vor allem dann eine Rolle spielen, wenn die Komponenten Datenraum und Schaufenster implementiert werden sollen.

Es muss sichergestellt werden, dass Nutzer*innen die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben bei der Wahrnehmung von Bildungsangeboten – unabhängig von potentiellen Diskriminierungsmerkmalen.
Luzie Neyenhuys

Algorithmenbasierte Entscheidungsprozesse müssen unabhängig überprüft werden können

So werden insbesondere auf dem Arbeitsmarkt oft Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund diskriminiert, wenn algorithmenbasierte Entscheidungssysteme eingesetzt werden. Um Nutzer*innen vor algorithmenbasierter Diskriminierung zu schützen, muss der konkrete Einsatz von algorithmenbasierten Entscheidungsprozessen auch auf Quellcode-Ebene transparent dargestellt und eine unabhängige Überprüfung gesichert werden.

Es muss sichergestellt werden, dass alle potenziellen Nutzer*innen Mein Bildungsraum nutzen können

An diesem Punkt lohnt es sich, noch mal einen Schritt zurückzugehen, denn: Bevor datenschutzrechtliche Fragen relevant werden, muss zunächst gewährleistet werden, dass alle potentiellen Nutzer*innen Zugang zu Mein Bildungsraum haben und diesen auch nutzen können [siehe auch Anforderung Weniger Ungleichheit]. Bei der Wahrnehmung digitaler Bildungsangebote spielen digitale Kompetenzen eine zentrale Rolle. Selbst wenn Geräte und Internetzugang vorhanden sind, kann es Nutzer*innen an den notwendigen Fähigkeiten fehlen, um effektiv mit digitalen Lernplattformen umzugehen. Ohne entsprechende Schulungsprogramme und Unterstützungsangebote besteht die Gefahr, dass eine signifikante Anzahl von Nutzer*innen die Vorteile von Mein Bildungsraum nicht nutzen kann.

Anwendungsoberflächen müssen barrierefrei gestaltet sein

Auch vor dem Hintergrund des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes muss sowohl der Zugang zur Plattform als auch die Umsetzung entsprechender Anwendungsoberflächen barrierefrei gestaltet werden, um allen potentiellen Nutzer*innen die gleichen Chancen der Nutzung zu ermöglichen [siehe auch Anforderung Zugang]. Insbesondere Bildungsangebote und Bildungswege, die man dann tatsächlich wahrnimmt oder einschlägt, können entscheidend sein für den Werdegang eines Menschen sowie dessen gesellschaftliche und soziale Stellung.