Mit einem Klick in die Cloud

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:JB_2022_wikibase.png

Evelien Zandbergen, Produktmanagerin im Bereich Softwareentwicklung bei Wikimedia Deutschland, stellt eine Innovation aus der Wikidata-Welt vor, die 2022 an den Start gegangen ist: Wikibase Cloud.

Was ist die Idee hinter Wikibase Cloud?

Evelien Zandbergen: Wikibase Cloud ist weit mehr als nur irgendeine Softwarelösung. Die gedanklichen Grundbausteine beziehen sich auf Linked Open Data. Wikibase Cloud ist die Infrastruktur für offene Daten, die kollaborativ bearbeitet und gleichzeitig miteinander verknüpft werden können. Die Idee ist im Grunde, eine Plattform zu schaffen, mit der sich die Komplexität verschiedener Konzepte fassen lässt, die unsere Welt erklären. Es existieren so viele verschiedene Perspektiven, Kulturen und Sichtweisen auf die Dinge. Wir haben deshalb nach einer Technologie gesucht, die nicht nur in der Lage ist, diese Vielfalt umfassend abzubilden, sondern die es jedem erlaubt, zu ihr beizutragen und von ihr zu lernen. Viele dieser Aspekte sind auch die leitenden Gedanken, aus denen die freie Wissensdatenbank Wikidata geboren wurde.

Das Ziel ist, Informationen verständlich und allen zugänglich zu machen?

Genau. Hier kommen Wikidata und Wikibase, die Software, die hinter Wikidata steht, ins Spiel. Wir bieten den Leuten nicht nur die Möglichkeit, zu dieser Software beizutragen und sie wie bei Wikidata zu verbessern, sondern sie können damit auch ihre eigene Instanz, also ihre eigene Wissensbasis mit Wikibase aufbauen – zu einem Thema, für das sie sich begeistern. Diese Wissensdatenbanken werden Teil eines großen Ökosystems, in dem sie sich untereinander austauschen und voneinander lernen können und wo verschiedene Communitys die Möglichkeit haben, beizutragen.

Zu allen möglichen Themen?

Wikidata ist eine riesige Sammlung von Daten zu wissenschaftlichen Themen, aber genau so zu Haushaltsthemen, zu Persönlichkeiten und vielem mehr. Unsere Vorstellung ist, dass einzelne Personen oder auch Gruppen eine Wissensbasis zu einem Thema aufbauen, in dem sie spezialisiert sind. Zum Beispiel Katzenrassen – ihre Namen, besondere Kennzeichen, ob sie stark haaren. Jemand anderes sieht das und denkt sich: Dazu kann ich auch beitragen. So entsteht eine Wissensdatenbank, die sich wiederum mit einer anderen vernetzen könnte, in der es zum Beispiel um Hunde geht. Vielleicht treten dabei nützliche Erkenntnisse zutage, etwa die gleiche Anfälligkeit für eine bestimmte Krankheit bei Katzen und Hunden, woraus Haustierhaltende lernen können. Wir schaffen ein Netzwerk von Informationen, das von allen möglichen Leuten bereichert wird. Das ist das Konzept. Wikibase Cloud ist der einfachste Weg, es umzusetzen.

Auch ohne tiefere technische Kenntnisse?

Wir hatten bis dato nur Wikibase Suite – ein Tool, um die Software selbst zu installieren, anzupassen und damit etwas zu entwickeln. Aber das war tatsächlich nicht leicht für Menschen, die keine Software entwickeln können und die vielleicht nicht wissen, was Docker oder PHP ist. Wikibase Cloud bietet die Möglichkeit, eine Wissensbasis ohne solche Vorkenntnisse aufzubauen. Es genügt, sich anzumelden, den Namen für sein Wikibase einzugeben – und schon ist man startbereit. So können alle leicht Teil dieses Ökosystems des Freien Wissens werden.

Worin genau liegen die Vorzüge?

Wikibase Cloud ist kollaborativ, offen und frei. Also genau das, wofür wir als Wikimedia stehen. Es ist ein semantisches Netzwerk – man könnte auch sagen: ein Spinnennetz aus Daten – das komplexe Beziehungen veranschaulichen und dem man ebenso komplexe, vielschichtige Fragen stellen kann. Zum Beispiel: Ich möchte Informationen über eine Katze, die zwei Jahre alt ist und früher diesem oder jenem Menschen gehört hat. Mit einer normalen Datenbank wäre das nicht möglich. Obendrein ist es ziemlich außergewöhnlich, dass solche Lösungen als Service angeboten werden, bei dem ein Klick genügt, um zu starten.

Wie weit entwickelt ist Wikibase Cloud? Welche technischen Hürden müssen noch überwunden werden?

Wikibase Cloud ist bereits ein voll entwickeltes Produkt! Gegenwärtig befinden wir uns in der geschlossenen Beta-Phase, aber jeder kann bereits mitmachen. Es sind erste spannende Wikibases entstanden, zum Beispiel zu Quechua einer Sprache aus dem Andenraum Südamerikas, oder zur Rolle der Frauen in der Archäologie im 19. Jahrhundert. Eine unserer momentanen Hauptherausforderungen ist, Wikibase Cloud zu skalieren und für eine größere Zahl von Menschen zugänglich zu machen. Die Technologie ist komplex und wir müssen sicherstellen, dass sie stabil bleibt, wenn wir eine offene Version anbieten. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg.

Welche Reaktionen gab es?

Wir haben verschiedene Umfragen gestartet. Die Leute haben sehr positiv reagiert – vor allem wissen sie zu schätzen, dass Wikibase Cloud frei und zugänglich bleiben und allen zur Verfügung stehen wird. Natürlich gibt es hier und da auch Verbesserungsvorschläge, die wir gern aufnehmen. Das Feedback ist sehr konstruktiv, kollaborativ und präzise. Zum Beispiel kam der Hinweis, dass es schön wäre, mehr Support auf der Plattform zu erhalten und die Zugänglichkeit für neue Nutzende zu erhöhen, die mit unserem Ökosystem noch nicht vertraut sind. Etwa, wenn es darum geht, Daten zu modellieren und Informationen bestmöglich im eigenen Wikibase abzubilden. Auch daran arbeiten wir.

Was ist die Vision für Wikibase Cloud?

Wir wollen erreichen, dass Wikibase Cloud weiterwächst, um die Barrieren für wirklich jeden Menschen auf der Welt abzubauen, Wissen mit einer Wikibase zu teilen und es wiederum allen zugänglich zu machen. Je mehr Leute sich beteiligen, desto mehr Perspektiven finden Eingang – und desto mehr lernen wir selbst.

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